Zwei Tage im Tesla Model S P85D – ein Vorgeschmack auf das AppleCar?

Mit dieser News begeben wir uns heute mal in einen etwas Apple fernen – aber dennoch irgendwie verknüpften Bereich. Vermutlich haben sich viele von euch – so wie ich – nach der Benutzung eines Apple Produkts wie des iPads oder iPhones, im Auto bei der Benutzung des Infotainmentsystems wieder gefunden mit der Frage: geht das nicht besser? Die verbauten, meist mehrere tausend Euro teuren, Geräte wirken in der Zeit der Smartphones, -watches und Virtual Reality wie Relikte aus dem letzten Jahrhundert. Langsam, aber sicher ist jedoch ein Paradigmenwechsel zu beobachten und der findet natürlich nicht nur im Bereich des onboard Infotainments statt. Das Unternehmen Tesla Motors, welches den meisten von euch ein Begriff sein dürfte, ist ein sehr erfolgreicher Newcomer in der Automobilindustrie und treibt seit geraumer Zeit die „elektrische Revolution“ voran. Dies ist so erfolgreich, dass nach und nach auch große IT-Unternehmen wie Apple und Google in den Markt drängen, sei es mit einem angeblich in der Entwicklung befindlichen „Project Titan“ von Apple oder dem Google Car, welches voraussichtlich darauf abzielt anderen Automobilherstellern eine Lösung für das automatisierte Fahren bereitzustellen.
Da die Berichte rund um das AppleCar zunehmen, nehmen wir dies zum Anlass und möchten euch einen Überblick über das elektrische Fahren am Beispiel des Tesla Model S – dem iPhone unter den Autos, so zu sagen. Hierzu ist zu sagen, dass sich bei der Frage Elektrofahrzeug vs. Verbrenner die Geister wohl ebenso scheiden wie bei Apple vs. Android. Ich verfolge das Unternehmen Tesla seit vielen Jahren und bin bereits häufiger begeistert mit den Autos in Kontakt gekommen. Dieser Bericht ist also ungefähr so unvoreingenommen wie ein Vergleich eines Samsung Telefons zu einem iPhone.

 

Die Anmietung und harte Fakten

28940988922275147223Ermöglicht wird uns dieser Bericht von der Autovermietung rentavo (Kontakt via Email/ Kontaktformular oder telefonisch unter 0221 / 9758 0775), die uns für diesen Artikel ein Upgrade auf das Tesla Model S P85D gegeben haben. Wer sich also (wie ich) schon immer mal den Traum erfüllen wollte mit einem Tesla zu fahren oder nach einem aussergewöhnlichen Geburtstagsgeschenk sucht, der ist bei dem Kölner Unternehmen gut aufgehoben! Neben dem P85D in Vollausstattung stehen auch noch zwei weitere, günstigere, Tesla Model S zur Anmietung zur Verfügung.

 

Das erste Highlight für mich erfolgte schon kurz nach der Schlüsselübergabe auf dem Hof von rentavo: das geräuschlose Anfahren zog mich sofort in seinen Bann. Ich bin in meinem Leben schon einige Autos gefahren, auch in Preisklassen jenseits der 100.000€ und mit Beschleunigungen unterhalb von 5 Sekunden bei 0-100. Das Tesla Model S P85D von rentavo, in Vollausstattung mit allem drum und dran, sowie einem Kaufpreis von knapp 130.000, setzt allerdings neue Maßstäbe. Das gemietete Model S hat einen 85KW Akku mit einer (zugegeben optimistischen) Reichweite von bis zu 500km. Mit seinem permanenten Allradantrieb und einer Höchstleistung von 515KW (was rechnerisch unglaublichen 700PS entspricht), beschleunigt es im „Insanity Modus“ von 0-100km/h in 3,3 Sekunden. Der Autopilot ist ebenso vorhanden wie der Doppellader für schnelleres Laden an öffentlichen Ladesäulen und die Supercharger-Unterstützung. Optisch kommt das Fahrzeug mit einer tiefen Luftfederung, 21 Zoll Felgen, dem Carbon Spoiler und einem Panorama Glasdach daher.

 

Fahrgefühl

Das Fahrgefühl dieses Autos ist unbeschreiblich und muss man eigentlich selbst erleben. Tritt man aufs Gaspedal wird man sofort in seinen Sitz gepresst und hört dabei nur das Rauschen der Reifen und den Fahrtwind. Nebenbei kriegt man auch das breite Grinsen kaum noch aus dem Gesicht. Beeindruckend ist ebenfalls die Kurvenlage. Der extrem niedrige Schwerpunkt durch die 750kg schwere Batterie am Boden des Fahrzeugs ermöglicht hier einen starken Grip und sehr hohe Kurvengeschwindigkeiten.
Trotz aller Sportlichkeit ist das Model S aber erstaunlich ruhig bei entspannten Fahrten. Obwohl die Niederquerschnittsreifen so flach sind, dass diese kaum Federung bringen können, macht die Luftfederung einen sehr guten Job und passt sich ausserdem automatisch an die verschiedenen Straßen/ Untergründe an. Fährt man beispielsweise durch ein Wohngebiet mit Bodenschwellen, hebt die Federung den Tesla automatisch an.

 

52828785098172137656Ein ganz besonderes und komplett neues Fahrgefühl stellt sich bei der Verwendung des kürzlich kontrovers diskutierten Autopiloten ein. Kurz nach der Abholung des Model S geriet ich im Feierabendverkehr in den ersten Stau, eine gute Möglichkeit des ersten Einsatzes. Neben der längeren Autobahnfahrt mit konstanter Geschwindigkeit ist Stop-and-Go der für mich interessanteste Anwendungsfall für den Autopiloten. Insgesamt hat er einen sehr guten Job gemacht und funktioniert hervorragend. Ab und an muss man ihm dann aber doch noch mal unterstützend unter die Arme greifen, weswegen ich für Youtube Videos in denen der Fahrer auf der Rückbank rumklettert kein Verständnis habe. Dies induziert ein falsches Sicherheitsgefühl, welches dann im Falle eines Versagens der Technik gefährlich Enden kann. Auf der anderen Seite habe ich aber, nachdem ich ihn selbst getestet habe, kein Verständnis für die extrem negative Berichterstattung über die Software. Bei Verwendung des Autopiloten wird klar kommuniziert, dass Aufmerksamkeit im Straßenverkehr immer noch nötig ist und man die Hände am Lenkrad behalten soll. Auch wenn man schnell Vertrauen in die neue Technik gewinnt, ist ein bisschen Grips und Eigenverantwortung dennoch nicht ganz überflüssig.

 

 

„Range Anxiety“ – Reichweite Angst

Ohne Strom geht beim Model S natürlich nichts mehr und nähert sich die Batterie den letzten 30% kommen beim ersten Mal leichte Bedenken auf. Diese verfliegen aber schnell, da Tesla’s Berechnungen im Auto für die Restreichweite ziemlich gut hinkommen, sodass man einen ähnliche guten Eindruck davon hat, wann man die nächste „Tankstelle“ ansteuern sollte, wie bei einem Verbrenner. Auch bei der Fahrt vom Supercharger in Kamen bis zur Rückgabe bei rentavo in der Nähe von Köln stimmte der prognostizierte Restladezustand bis auf wenige Prozent (für die Wohl mein Spaß mit den 700 PS verantwortlich war). Dieser Restladezustand lässt sich bei jeder Navigation einblenden, sodass man stets einen ganz guten Überblick hat, wann man sich über eine Pause Gedanken machen sollte.

 

Das Aufladen mit dem Supercharger geht erstaunlich schnell und ist kostenlos. Lädt man in den unteren Prozentbereichen mit bis zu 120KW nimmt dies mit steigender Aufladung ab. Die Hälfte der Batterie ist in etwa 20 Minuten geladen, während die nächsten 40% dann noch mal etwa 20 Minuten benötigen, ebenso wie die letzten 10%. Insgesamt ist also eine komplette Ladung in ca. einer Stunde möglich. Das ich dies selbst testen konnte war ein wichtiger Schritt um Vertrauen in das System zu gewinnen und mich davon zu überzeugen, dass dies tatsächlich längere Fahrten z.B. in den Urlaub, problemlos ermöglicht. Orientiert man sich also an den Superchargern, welche meist auf Rastplätzen mit einem reichhaltigen Angebot an Fastfood-Ketten/ Cafés stehen ist somit ein umweltfreundliches und entspanntes Reisen möglich.

 

Doch was tun, wenn kein Supercharger in der Nähe ist? Die Aufladung über den normalen Hausanschluss sollte die letzte Option sein, da dieser nur extrem langsam lädt (ca. 3KW, abhängig vom Hausanschluss). Um das Auto Zuhause sinnvoll laden zu können, sollte man sich, wenn möglich, einen Starkstromanschluss in die Garage legen lassen. Somit stehen je nach lokalen Gegebenheiten bis zu 16 Ampere bzw. 32 Ampere zur Verfügung, was die Aufladung mit 11KW bzw. 22KW ermöglicht.

 

In der Stadt gibt es ebenfalls eine steigende Zahl an Ladesäulen, die zwar immerhin (größtenteils) den standardisierten Typ-2 Stecker verwenden, aber leider nicht alle dem selben Verbund angehören. Somit dürfte man bei häufigen reisen schnell ein buntes Sammelsurium an Zugangskarten ansammeln. Getestet habe ich eine solche Säule in Köln beim Kundenservice der Rheinenergie, welche allein an diesem Standort 16 Ladesäulen anbieten, die jedoch bis auf wenige Ausnahmen größtenteils von den Carsharing Unternehmen DriveNow und Cambio genutzt werden. Schade eigentlich, denn so sind fast alle der 16 Ladesäulen durch diese Autos belegt gewesen, obwohl die meisten bereits voll geladen waren. Dies ist natürlich dann ärgerlich, wenn wirklich mal keine mehr frei ist und man auf den Strom angewiesen ist. Für mich war jedoch noch ein Plätzchen frei und mit der von rentavo bereitgestellten Karte ging der Ladevorgang auch zügig mit 22KW los. Hier lernt man dann den Supercharger zu schätzen, welcher unter 90% Ladezustand des Autos doch deutlich schneller lädt. Alles in allem aber eine super Sache, zumal der Strom noch bis voraussichtlich Ende des Jahres kostenlos ist und laut Rheinenergie erste Ladesäulen mit höherer Ladeleistung in kürze Aufgebaut werden sollten.

 

Derzeit baut Tesla sich ein neues Netzwerk auf. Unter dem Namen „Destination Charging“ findet man im Tesla-Bordcomputer einige Supermärkte, Hotels, Restaurants oder Resorts, welche mit Tesla kooperieren um das Ladenetzwerk auszuweiten.

 

Bevor der Fahrer also losfährt kann er seine Übernachtung zum Beispiel so planen, dass er direkt im Hotel sein Model S aufladen kann um am nächsten Morgen direkt voll geladen „durchzustarten“.

 

Zum Start des „Destination Charging“-Programms im April 2016 fügten sich insgesamt 150 Ladestationen in 14 Ländern den bereits vorhandenen Ladestationen hinzu.

 

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Innenraum

65036121938552618759Beim Einsteigen stellt sich relativ schnell die Frage: warum kriegen das andere Hersteller nicht hin? Zwar hat auch das System von Tesla noch einige Macken, namentlich eine teilweise langsame Reaktionszeit und ein Navigationssystem, dem beispielsweise Routenoptionen fehlen, dennoch ist es anderen Herstellern um Jahre voraus. Der riesige Touchscreen ist beeindruckend und ermöglicht den Wegfall fast aller sich sonst im Auto befindlicher Knöpfe. Um die Fahrsicherheit zu gewährleisten, lassen sich ein Großteil der Einstellungen auch über das Multifunktionselement anpassen. so z.B. die Klimaanlage, der Radiosender und das Sonnendach. Man könnte hier noch sehr viel mehr schreiben und Fragen beantworte ich gerne, aber grundsätzlich lässt ich festhalten, dass das Infotainmentsystem in einer eigenen Liga spielt und die Verarbeitung sehr gut ist, wenn auch hier noch etwas Luft ist zu den deutschen Premiumherstellern.

 

Vernetzung – Internet für’s Auto

Ein weiteres Detail wodurch sich das Tesla Model S – in der Grundausstattung – von Fahrzeugen anderer Hersteller abhebt ist die Vernetzung.

Das Model S ist serienmäßig mit einer LTE Internet-Flatrate ausgestattet. So können neue Kartendaten für das Navigationssystem, welches auf Google Maps basiert geladen werden oder auch Internetradio gehört werden.

Ein weiterer Vorteil: die Limousine kommt mit einem kostenlosen Spotify-Premium Abonnement. So kann der Fahrer auch ohne verbundenem Smartphone Musik ohne Werbeunterbrechungen hören.

Eine Art App Store gibt es derzeit noch nicht für Teslas, das iPhone kann ganz normal per Bluetooth verbunden werden, um Musik, Hörbücher oder ähnliches zu synchronisieren und auch der Kalender kann ins Auto übertragen werden.

Zum Abfragen von Facebook o.ä. muss dann auf den 17″ großen Touchscreen in der Mittelkonsole zurückgegriffen werden, was während der Fahrt sicher ohnehin fraglich ist.

Das Fazit

Die Fahrt mit dem Tesla Model S war ein tolles Erlebnis und es fiel mir sehr schwer das Auto nach zwei Tagen wieder abzugeben. Dennoch ist der Preis natürlich eine Ansage und für viele unerschwinglich. Ich persönlich freue mich auf die weitere Entwicklung – auch anderer Hersteller (Daimler will auf dem Pariser Autosalon ein Elektroauto mit ähnlicher Reichweite wie der Tesla vorstellen). Ebenso wie auf das AppleCar und das Tesla Model 3, bei dem ich nach den zwei Tagen im Model S noch mehr ins Grübeln gekommen bin als zuvor.
Vielen Dank noch einmal an rentavo für den tollen Service und die Bereitstellung des Fahrzeugs.
Wie sind eure Erfahrungen und Eindrücke von Elektroautos? Eine echte Alternative zu Alltagswagen? Seid ihr schonmal Tesla gefahren oder könnte ihr das AppleCar kaum erwarten? Lasst es uns wissen, wir freuen uns auf eine angeregte Diskussion zu dieser zukunftsweisenden Technologie.
Dieser Bericht wurde verfasst von ruhrpotts-proud in Zusammenarbeit und nach gemeinsamer Testfahrt mit Tim.