Gewährleistung, oder doch Garantie? Ein Überblick über das geltende Recht in Deutschland
Es kommt hier im Forum häufig zu Fragen bezüglich Garantie und Gewährleistung. Dieser Beitrag soll die häufigsten Fragen klären und die aktuelle Rechtslage in Deutschland (hoffentlich) verständlich darstellen. Allerdings wird nur auf den sogenannten Verbrauchgsüterkauf (§§ 474 ff. BGB) eingegangen. Die folgenden Ausführungen gelten nur bedingt für den Kauf von Privaten.
Da es sich hier in erster Linie um ein iPhone Forum handelt versuche ich auch immer einen sachlichen Bezug zu Apple herzustellen.
Wenn sich ein Verkäufer durch diesen Beitrag auf den Schlips getreten fühlt tut es mir leid – ich musste nur leider bisher IMMER die Erfahrung machen, dass keiner eigentlich so genau weiß was die Kunden für Rechte haben. Aber es gibt sicherlich auch vorbildliche Ausnahmen.
1. Wichtig: Begriffsdefinitonen Garantie und Gewährleistung
In der Umgangssprache wird die gesetzliche Gewährleistung häufig als Garantie bezeichnet. Dies ist die Hauptursache, wieso es immer wieder zu Verständnisproblemen der Verbraucher kommt. Garantie und Gewährleistung sind jedoch völlig verschieden.
Die Garantie wird vom Hersteller gegeben. Ob eine Garantie gegeben wird und welchen Umfang diese hat, steht im freien Ermessen des Herstellers.
Die Gewährleistung ist gesetzlich ausführlich geregelt und trifft den Vertragspartner, also den Verkäufer.
2. Die Garantie
Eine gesetzliche Regelung findet sich nur in § 443 BGB und § 477 BGB. Was genau unter die Garantie fällt steht im freien Ermessen des Herstellers. Ebenso die Dauer der Garantie. In unserem Fall beträgt die Garantiedauer bei Apple ein Jahr ohne den Apple Care Protection Plan.
Ansprechpartner ist für die Garantie ist in aller Regel der Hersteller. Allerdings ist es meist auch möglich, die Garantie über den Verkäufer in Anspruch zu nehmen. Dies macht bei Apple wenig Sinn; die Garantieabwicklung über Apple direkt geht schnell und ist sehr vorbildlich.
3. Die Gewährleistung ist gesetzlich in den §§433 ff. geregelt.
Die Gewährleistung umfasst neben Nacherfüllung auch den Rücktritt vom Vertrag sowie Schadensersatz, §437 BGB. Auf Ausführungen zum Rücktritt und zum Schadensersatz verzichte ich, da sich die Fragen hier im Forum eigentlich nur um die Nacherfüllung drehen.
Von vorneweg ist zu beachten, dass die gesetzliche Dauer der Gewährleistung zwei Jahre beträgt.
Allerdings, und das wissen viele nicht, greift die sogenannte Beweislastumkehr nur in den ersten sechs Monaten nach dem Kauf, § 476 BGB. Dies bedeutet, dass in den ersten sechs Monaten nach dem Kauf vermutet wird, dass der Mangel schon bei Vertragsschluss vorhanden war. Nach den sechs Monaten muss allerdings der Käufer beweisen, dass der Mangel schon bei Vertragsschluss vorhanden war. Dies ist häufig sehr schwer wenn gar unmöglich.
Zu den wichtigsten Rechten des Käufers zählt wohl die Nacherfüllung. Hier hat der Käufer(!) die Wahl, ob er die Beseitigung des Mangels, also die Reparatur oder die Lieferung einer neuen Sache, also den Austausch, möchte.
An dieser Stelle wird man von den Verkäufern oft gleich auf die Möglichkeit des Einschickens und Reparierens verwiesen. Dies ist jedoch nicht richtig. Wenn der Käufer ausdrücklich einen Austausch, also eine neue Sache und keine Reparatur wünscht, dann ist der Verkäufer in der Regel verpflichtet dem Käufer eine solche neue Sache zu liefern.
Das Gesetz macht hiervon allerdings eine Ausnahme. Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, § 439 III BGB. Dies bedeutet: wenn die Neulieferung unverhältnismäßig ist, darf der Verkäufer reparieren.
Schulbeispiel ist folgendes: beim Kauf eines Neuwagens ist der Spiegel kaputt. Hier leuchtet es jedem ein, dass der Verkäufer den Spiegel reparieren muss, der Käufer aber kein neues Auto verlangen kann.
Es wird in der Regel aber gerade nicht als unverhältnismäßig angesehen, wenn der Verkäufer ein Neugerät auf Lager hat und dies dem Käufer mitgeben kann. Allerdings wird sich der Verkäufer hier auch oft taub stellen. Die wenigsten werden ihre Rechte gerichtlich geltend machen – bis das Verfahren um ist wurde das Gerät schon 100 mal repariert. Das wissen auch die Verkäufer.
Auch die allgemein bekannte Regelung, der Verkäufer dürfe dreimal reparieren und müsse dann erst tauschen ist falsch. Dies hat in erster Linie etwas mit dem Rücktritts- und Schadensersatzrecht zu tun, § 440 S.2 BGB und nichts mit dem Recht auf Neulieferung.
4. Garantie oder Gewährleistung, was ist denn nun besser?
Der Käufer hat hier ein Wahlrecht, ob eine Garantieabwicklung gewünscht wird oder eine Abwicklung nach dem Gewährleistungsrecht.
Prinzipiell ist in meinen Augen in den ersten sechs Monaten die Gewährleistung das bessere Recht, da man hier ein Neugerät verlangen kann. Bei der Garantie schickt Apple ja „nur“ refurbished Geräte raus. Nach den ersten sechs Monaten haben wir wieder das Problem mit der Beweislastumkehr, so dass ab hier die Garantie das einfachere, unproblematischere Recht darstellt.
Ich hoffe, dass der Beitrag etwas Licht ins Dunkle bringen konnte. Bei Bedarf werde ich den Beitrag ausbessern oder aktualisieren.
Ich habe den Beitrag im Smalltalk Unterforum erstellt; falls er woanders besser passt bitte verschieben.