21.09.2014, 14:18
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Ausgabe 21/2014. Von Ingo T. Storm.
Ausgabe 21/2014. Von Ingo T. Storm.
Zitat: Kaum ist die Apple Watch angekündigt, wissen die Experten, warum sie nichts taugt: zu dick, zu doof, zu groß, zu schwer. Zu wenig autark, zu wenig wasserdicht, zu wenig Laufzeit - zu nichts zu gebrauchen.
Ich denke, sie haben Apple immer noch nicht verstanden.
Apple hätte versuchen können, die ultimative Smartwatch im ersten Anlauf hinzubekommmen. Doch das wäre dämlich. Erstens, weil die ultimative Smartwatch ohne iPhone funktionieren müsste. Geht gar nicht: Das iPhone ist der Goldesel, um den sich das Apple-Universum dreht. Zweitens müsste Apple sich danach viel mehr anstrengen, um mit jeder weiteren Apple Watch Upgrade-Druck zu erzeugen.
Apple tut gut daran, auf die Meckerer nicht zu hören. Wenn diese schon ein iPhone haben, kaufen sie die Uhr nach einer gewissen Schamfrist trotzdem. Der Rest sind von Samsung Gear und Moto 360 enttäuschte Android-User, die sich nur schwer umprogrammieren lassen.
Gruppe A kauft teure Android-Handys. Und zwar aus Prinzip. Selbst wenn die Apple Watch autark funktionierte, würde diese Gruppe meckern, dass die Uhr sich nicht eng genug mit lieb gewonnenen Google-Diensten verzahnt - was Apple naturgemäß nie machen würde.
Gruppe B ist die große Mehrheit: Sie kauft Android-Handys aufgrund des guten Preis/Leistungsverhältnisses. Für 200 bis 400 Euro kriege ich ein hervorragendes Android-Smartphone. Von Apple kriege ich dafür eine Hülle und ein zweites Netzteil. Ausgerechnet diesen vernünftigen Leuten eine 400-Euro-Uhr anzudrehen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Die besonders lautstarke Gruppe "Triathlon ist für Schwächlinge" träumt von einer wasserdichten, schweiß- und stoßresistenten Fitness-Uhr mit eingebautem Telefon und Raketenwerfer. Der Akku hält mit durchgehend aktivem Display mindestens 3 Jahre durch. Das Display muss rund sein (ist doch eine Uhr!) und natürlich auch mit Fechthandschuhen und Taucherflossen bedienbar. Groß und schwer darf die Uhr trotzdem nicht werden, denn "das wäre ja nicht mehr Apple". Träumt weiter! Sportler-Uhren sind Sportler-Uhren und so sehen sie auch aus. Smartwatches sind Accessoires, die Bequemlichkeit bringen. Otto-Normal-iPhone-User macht keinen Extremsport, sondern er radelt und joggt. Dafür reicht das Accessoire.
Also baut Apple genau das ein, was mit aktueller Technik relativ leicht geht und den goldenen Apple-Käfig etwas aufhübscht: eine geile Fernbedienung fürs iPhone mit ein paar niedlichen Gimmicks. Ein substanzieller Teil der im Ökosystem Gefangenen und an obszöne Preise Gewöhnten wird sich sofort draufstürzen. Danach geht es weiter wie bei iPhone und iPad: anfangs ein paar größere Entwicklungssprünge. Sobald sich das Ding von selbst verkauft, geht es nur noch in Mäuseschritten voran. Ein beliebtes Samsung-Feature hier, eine gute LG-Idee da - und dazu jedes Mal eine Kleinigkeit, die nur Apple hat. Und so verkaufen sie ihren Junkies jedes Jahr eine neue Uhr, obwohl die alte gar nicht so verkehrt war.
Ich fange gleich morgen an, drauf zu sparen ;-)
Ingo T. Storm
iP 12 Pro Max | MBP M1 2020 (beide mit dem jeweils aktuellsten OS)